Reliquien als heilswirksame Geschichtsbelege

Die kostbaren liturgischen Gefäße (Vasa sacra) und Reliquienschätze gehören zu allen großen Kirchen des Mittelalters, insbesondere aber an den Kathedralen. In den in der Reformationszeit protestantisch gewordenen Kirchen (so in Meißen) wurden sie weitgehend dezimiert. Reliquien wie die des hl. Benno wurden teils an katholische Fürsten verkauft.

Büste Ludmillla
Büste der heiligen Ludmilla aus dem Prager Domschatz, Inv.- Nr. 18, Foto: Jan Gloc

 

Hingegen ist in Prag einer der bedeutendsten Domschätze überhaupt erhalten, der vom Mittelalter bis in die Neuzeit kontinuierlich erweitert wurde. Zu einer besonderen Bereicherung kam es unter Kaiser Karl IV., der Reliquien in besonderem Maße wertschätzte und überall sammelte, wo er ihrer habhaft werden konnte. Der Grund für diese Vorliebe dürfte in ihrer damals angenommenen Wunderwirksamkeit liegen, aber auch in dem Versprechen auf Authentizität, der Reliquien prinzipiell innewohnt. Sie bezeugen die Heilsereignisse des Lebens, Leidens und der Auferstehung Christi ebenso wie die Taten der Heiligen. Solche Zeugnisse wurden deshalb in mehr oder minder kostbaren Gefäßen aufbewahrt, die oft zu den Meisterwerken mittelalterlicher Goldschmiedekunst zählen.

In Sachsen ist der bedeutendste Kirchenschatz im Zisterzienserinnenkloster St. Marienstern anzutreffen, das seit seiner Gründung 1248 ununterbrochen besteht. Hier findet man auch zahlreiche hochbedeutende Stücke böhmischer Herkunft, ein Zahnreliquiar des hl. Nikolaus (2. H. 13. Jh.), Büstenreliquiare der hll. Johannes Bapt. (A. 14. Jh.) und Jakobus d. Ä. (um 1320/40) oder eine Perlenkasel mit zahlreichen Adlern (2. H. 14. Jh.). In der Stille des Klosters blieb gerade dieses liturgische Textil besonders gut erhalten.

SIGISMUND-RELIQUIAR FOTO-RADOVAN BOCEK