Künstlerischer Austausch

Ein künstlerischer Austausch über die Grenzen der Bistümer und Länder hinweg entsteht gegen Ende des hier zur Rede stehenden Zeitraums. Die Elbestadt Pirna gehörte von 1293 bis 1405 zur böhmischen Krone – und deswegen stammt von hier eines der bedeutendsten Werke böhmischer Kunst auf heute sächsischem Boden, das Pirnaer Antependium. Dieses Meisterwerk der Zeit „vor 1350“ entstammt einer führenden, professionellen Werkstatt in Prag mit engstem Bezug zum königlichen Hof.

Leider ist über die konkreten Stiftungsumstände und den Bestimmungsort nichts bekannt. Über der Gruppe der Marienkrönung finden sich zwei gleiche Wappenschilde mit einander zugewandten bunten Vögeln, die offenbar auf einer Art Baumstumpf oder ähnlichem sitzen – sicher identifiziert wurde das Motiv bisher nicht. Die zentrale Szene zeigt ein Marienthema – so dürfte die Pirnaer Stadtpfarrkirche St. Marien, in der das Antependium „wiederentdeckt“ wurde, als Anbringungsort des über drei Meter breiten Textils in Frage.
 

Früher ging man davon aus, dass die drei kleinen Mönchsdarstellungen in Medaillons der rechten Bordüre, bei deren oberer und unterer die Ordenstracht schwarze Anteile zeigt, eine Stiftung für das Pirnaer Dominikanerkloster belegten. Möglich wäre dies: Der Konvent wurde 1307 zum ersten Mal erwähnt, dürfte also kurz zuvor zusammengekommen sein. Der Bau seiner Kirche begann mit dem heute zerstörten Chor, der einfach rechteckig geschlossen war. Erhalten blieb das zweischiffige Langhaus, das erst nach der Wiederweihe als katholische Kirche im Jahre 1957 das Patrozinium des hl. Kaisers Heinrich II. erhielt; das Dachwerk wurde 1376 aufgesetzt. Aber wäre in diesem Fall nicht eine stärkere Betonung des dominikanischen Elements, z. B. unter den stehenden Heiligen, zu erwarten? Auch ist der mittlere der drei dargestellten Mönche offenbar rein weiß gekleidet. Es könnte sich also allgemein um Ordensgründer (z. B. auch der Zisterzienser) gehandelt haben. Und keinesfalls darf man vergessen, dass König Johann von Böhmen das Patronatsrecht über die Pirnaer Stadtkirche im Jahre 1331 dem böhmischen Zisterzienserkloster Ossegg (Osek) übertrug.